Endlich in den eigenen vier Wänden
Sonel Zehir trotzt ihrer Glasknochenkrankheit und erfüllte sich mit 41 Jahren den Wunsch von einer eigenen Wohnung. Sie lebt in Baden «in meinem Paradies» - und erlangt dank der Umfeldsteuerung der Active Communication eine bemerkenswerte Selbstständigkeit.
Den Gedanken trägt sie lange mit sich, aber verbunden damit sind eben auch Zweifel und Fragen. Sonel Zehir wünscht sich, einmal eigenständig zu leben, einen eigenen Haushalt zu führen, eine Wohnung nach ihrem Geschmack einzurichten. Bloss: Wie soll das mit ihrer Beeinträchtigung funktionieren?
Sonel Zehir kommt am 25. Januar 1982 in Baden zur Welt, aber die Geburt ist nicht frei von Komplikationen. Fünf Knochen gehen in Brüche - es ist ein untrüglicher Hinweis auf das Schicksal, das sie tragen muss: Sie leidet an der Glasknochenkrankheit.
Sie lebte lange in Institutionen
Nach ihrer Schulzeit absolviert die Frau mit türkischen Wurzeln eine Bürolehre in Zürich, später lebt sie nicht nur im Wohnhuus Bärenmoos in Oberried, sondern arbeitet dort auch zweimal pro Woche am Empfang. 2017 kehrt sie zurück in den Aargau und wohnt nun im zeka, einer Institution für Menschen mit körperlichen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Fünf Jahre bleibt sie da, aber mehr und mehr kommt besagter Wunsch auf, selbstständig und selbstbestimmt zu leben. Sie fühlt sich grundsätzlich wohl im zeka, sie fühlt sich da gut aufgehoben, aber gerade in Zeiten von Corona sind die Umstände schwierig. Sie sehnt sich nach weniger Regeln und mehr Freiheit. Eine Freundin, die mit einer Muskelerkrankung in einer eigenen Wohnung lebt, bestärkt sie in ihrem Vorhaben, sie ermuntert Sonel Zehir, die Initiative zu ergreifen.
«Ich will mein eigener Boss sein.»
Natürlich ist ihr bei allen schönen Perspektiven eines stets bewusst: Wenn sie in eine eigene Wohnung einzieht, muss sie auch gewisse Risiken tragen. Zum Beispiel? «Ich benötige Assistenzpersonal, und es ist nicht einfach, solche Personen zu finden.» Aber sie entschliesst sich, es zu wagen, weil sie ein Ziel vor Augen hat: «Ich will mein eigener Boss sein.»
Wichtiger Faktor: die Umfeldkontrolle
Zuverlässiges Personal, das Sonel Zehir regelmässig betreut, ist das eine. Das andere ist die Wohnung, die baulich so angepasst werden sollte, dass sie mit ihrem Elektrorollstuhl keine Hindernisse überwinden muss. Und eine ebenso wichtige Komponente: die Umfeldkontrolle. Und an diesem Punkt kommt Active Communication ins Spiel.
Sie hat das Glück, in Baden eine Lösung zu finden, die auf sie zugeschnitten wird. Es handelt sich um einen Neubau, bei dem die Bauherrschaft auf die Wünsche und Bedürfnisse von Sonel Zehir eingeht. Als der Bau steht, übernimmt Florian Blattner als Fachbereichsleiter Technik bei Active Communication den Lead in Sachen Umfeldsteuerung. Zuerst einmal geht es darum, Sonel Zehir überhaupt den Zugang zum Hochhaus zu ermöglichen. Das heisst: Blattner sorgt dafür, dass die Frau mit einer Fernbedienung die Haustür öffnen und den Lift bedienen kann. Mit demselben Gerät kann sie schliesslich ihre Wohnungstür aufmachen - ein Knopfdruck genügt, die Tür geht automatisch auf.
«Das ist mein Paradies»
In ihrem gut 90 Quadratmeter grossen Reich, das sie seit Februar 2023 bewohnt, profitiert Sonel Zehir von einem ausgeklügelten Hausautomationssystem. Es ist so etwas wie ein Schlüssel zur Selbstständigkeit. Mit ihrem Handy kann sie verschiedene Geräte steuern: das Licht an- und ausmachen, die Storen rauf- und runterlassen, die Balkontür öffnen oder im Schlafzimmer das Kippfenster bedienen. Hemmungen vor der Technik hat sie keine, sie ist affin und interessiert daran, wie das ganze System funktioniert. Und sie hat mit Florian Blattner einen Berater, der sie diesbezüglich schult und Sicherheit gibt. A propos Sicherheit: Die Steuerung erfolgt über eine App auf ihrem Smartphone und funktioniert sogar im Ausland. Sollte das Smartphone den Geist aufgeben kann die App auch auf einem Ersatzgerät installiert werden. Das Smartphone ist die Basis für die Umfeldsteuerung in der Wohnung.
«Active Communication hat mir zu einem grossen Stück Freiheit verholfen», sagt Sonel Zenir, «ich geniesse es total, in den eigenen vier Wänden zu leben und tun oder lassen zu können, was ich will.» Und: «Das ist mein Zuhause, mein Paradies.»
Gefunden hat sie auch Assistenzpersonal, das sie durch den Tag begleitet. Die Spitex nimmt sie jeweils zwischen 8 und 9 Uhr aus dem Bett, zwischen 11 und 14 Uhr steht eine Person im Einsatz, von 17 bis 20 Uhr eine zweite - und eine dritte übernimmt zwischen 22 und 7 Uhr den Nachtdienst.
Eine unternehmungslustige Frau
Sonel Zehir lässt sich ihre Unternehmungslust nicht nehmen. Im August besuchte sie mehrere Male die Badenfahrt, das gigantische Volksfest in Baden, sie bricht gerne zu ausgiebigen Shoppingtouren auf oder trifft sich mit Freunden und Verwandten zum Essen.
Florian Blattner stellt mit Genugtuung fest, wie sehr sich seine konzeptionellen Überlegungen gelohnt haben. «Sonel gewinnt dank unserer Konzeptlösung deutlich an Selbstständigkeit und ist auf weniger Assistenzleistungen angewiesen», sagt er und fügt an: «Besonders anspruchsvoll an diesem dankbaren Projekt war das Zusammenspiel mehrerer involvierter Parteien, von Bauherrschaft über Invalidenversicherung und Elektriker bis Active Communication. Aber ich kann festhalten: Es hat tadellos geklappt. Gemeinsam haben wir für Sonel Zehir eine tolle Lösung erarbeitet.»
Text: Peter Birrer
Fotos: Jonas Pfister
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