Unterwegs mit Denise Bigler
Denise Bigler ist gelernte Fachfrau Betreuung Behindertenbetreuung (BEH) und seit 6 Jahren als Beraterin bei Active Communication tätig.
Noch bevor der erste Kundentermin ansteht, arbeitet die Beraterin früh morgens von Zuhause aus. Sie nimmt Telefonanrufe entgegen, bucht ihre Arbeitszeit von gestern korrekt ins System und bereitet die Geräte vor, welche sie für den bevorstehenden Termin braucht. Gleichzeitig informiert sie sich online über das Kundendienst-System nochmals ausführlich über die Nutzerin, die sie gleich trifft. Dann geht’s los zum ersten Termin.
iPad oder «Novachat»?
Kurz vor 09.00 Uhr betritt sie die Heilpädagogische Schule in Zofingen. Gar nicht so einfach, in fremden Schulhäusern jeweils den richtigen Raum auf Anhieb zu finden. Auch die Parkplatzsuche gestaltet sich je nach Ort schwieriger als gedacht. Im richtigen Raum angekommen, wird sie bereits von der Kundin erwartet. Mia ist 12 Jahre alt und hat Trisomie 21. Denise trifft das Mädchen heute zum ersten Mal. Bei der «Vorabklärung» wird zusammen mit dem Umfeld evaluiert, welches die Bedürfnisse des Mädchens sind und welches elektronische Hilfsmittel für sie in Frage kommt. Mit dabei bei diesem Termin sind auch die Mutter von Mia, die Klassenlehrperson sowie die Logopädin.
Denise erklärt zuerst den Ablauf des Beratungsgesprächs und zeigt die mitgebrachten Geräte – ein iPad mit verschiedenen Kommunikations-Apps und das Kommunikationsgerät «Novachat». Mia darf direkt über das iPad erzählen, was sie denn heute zum Frühstück gegessen hat – das funktioniert schon ganz gut. Aktuell benutzt sie ihre Lautsprache, die für Fremde oft unverständlich ist. Über die Kommunikations-App auf dem iPad kann sie ihre Bedürfnisse laut und deutlich ausdrücken und wird von allen verstanden. Die Beraterin macht fleissig Notizen und probiert mit Mia Diverses aus. Auf den verschiedenen Kommunikations-Apps muss die Nutzerin bestimmte Worte suchen und Denise beobachtet alles ganz genau. Für sie ist schnell klar, welche Apps für die Nutzerin funktionieren und Mia darf pünktlich um 10.00 Uhr in die Pause.
Beratung & Besprechung
Die Beraterin erklärt nun dem Umfeld anhand eines Flyers den genauen Ablauf einer Hilfsmittelversorgung bei Active Communication. Gemeinsam werden Ziele für Mia vereinbart und man tauscht sich über die Fähigkeiten und das Sprachverständnis aus. Es tauchen viele Fragen zu den verschiedenen Apps auf, welche Denise alle umfassend beantwortet. Nach kurzer Diskussion entscheidet sich das Umfeld einstimmig für die Metatalk-App, diese hat einen Wortschatz von 3500 Wörtern. Die Beraterin fasst nochmals zusammen, was der IV-Stelle alles offeriert wird. Anschliessend wird bereits besprochen, welche Wochentage optimal für die nächsten Termine sind. Denise notiert alles und gibt diese Infos dann weiter. Um die Terminkoordination kümmert sich nämlich das Kundendienst-Team von Active Communication in Steinhausen. Zum Schluss werden noch Ziele vereinbart, die dank dem neuen Gerät erreicht werden sollen. Nach gut zwei Stunden ist die Vorabklärung zu Ende. Denise wird im Anschluss einen Bericht an die IV-Stelle verfassen und dazu die Offerte einreichen.
Tanken nicht vergessen
Als Hilfsmittelberaterin ist man sehr viel unterwegs. Denise macht täglich unzählige Kilometer und hat begonnen, ihre Fahrstrecken auf einer Schweizerkarte einzuzeichnen. Was ursprünglich als Gag begann, ist heute ein imposantes Spinnennetz quer durch die Schweiz. Prompt blinkt die Tankanzeige auf und Denise sucht die nächste Tankstelle auf. Heute ist ein Spätsommertag und die Zeit und das Wetter lassen es zu, eine halbe Stunde Mittagspause an der Sonne zu geniessen. «Das ist nicht immer der Fall. Manchmal reicht die Zeit nur für ein Sandwich im Auto, auf der Fahrt zum nächsten Termin», erzählt die Beraterin.
«Man muss an vieles denken und seinen Terminplan im Griff haben.»
Am Nachmittag stehen zwei Termine in Dättwil an. Dort angekommen, sucht Denise zuerst das Sekretariat auf. Sie hat Material für eine Berater-Kollegin dabei, welches sie beim Sekretariat abgibt. Nächste Woche wird dieses Material für ein anderes Projekt benötigt. «Man muss an vieles denken und seinen Terminplan im Griff haben. Oft helfen wir Berater uns gegenseitig untereinander aus», erzählt sie.
Richtig cool – stolz zeigt Emma, dass sie sogar ihren Stundenplan auf das iPad übertragen hat.
Kurz nach dem Mittag besucht Denise Emma. Sie ist 12 Jahre alt und besitzt ein iPad. Bei ihr ist es der letzte Termin der Hilfsmittelversorgung – das so genannte Abschlussgebrauchstraining. Mit dabei sind die Mutter und die Klassenlehrperson. Zusammen mit Denise suchen sie nach Ideen, wie Emma das Gerät im Alltag konkret einsetzen kann, z.B. bei Botengängen zum Sekretariat oder für selbständige Einkäufe im Quartierladen. Stolz zeigt Emma, dass sie sogar ihren Stundenplan auf das iPad übertragen hat – die Beraterin findet das «richtig cool» und motiviert zu weiteren solchen Übungen. Emma hat jedoch nur bedingt Lust dazu. Sie will heute nicht so recht mitmachen und antwortet kaum auf Fragen. Erst als Denise Emma auf ihre Lieblings-Promi-Familie anspricht, beginnen ihre Augen zu strahlen und sie lächelt. «Diese Familie hat mir Emma gezeigt, ich kannte sie vorher gar nicht», verrät Denise. «Man kann von unseren Nutzern viel lernen», schwärmt sie. «Dank einer anderen Nutzerin weiss ich nun bestens über Pferde Bescheid, weil sie ein tolles «Rössli-Game» auf ihrem Computer zu Hause spielt und mir dies stolz zeigte. So bleibe ich immer up-to-date.»
Neue Felder programmieren, Backup erstellen: Alles klar?
Die Beraterin wird gebeten, nochmals zu zeigen, wie man beim Kommunikations-App neue Felder programmiert. Mutter und Klassenlehrperson schauen gespannt zu und probieren es gleich selbst aus – Emma ist bereits Profi. Es werden Fragen geklärt zur Struktur des Geräts und Denise versichert sich, dass noch alle wissen, wie das Backup funktioniert. Anschliessend besprechen sie zusammen den Abschlussbericht an die IV-Stelle und beurteilen, ob die gesetzten Ziele erfüllt wurden. Den Bericht erhält die Mutter nächste Woche per Mail, um diesen zu unterschreiben, bevor er bei der IV-Stelle eingereicht wird. Falls in Zukunft nochmals ein Beratungstermin gewünscht wird, muss dieser erneut bei der IV beantragt werden. Denise verabschiedet sich und wechselt das Zimmer – in 10 Minuten startet bereits der nächste Termin.
PowerUserin Lea gibt Gas
Auch der dritte und letzte Termin für heute ist ein Abschlusstermin. Bereits zwei Mal war die Beraterin schon vor Ort und hat das Umfeld geschult – unter anderem auch bei der Nutzerin Zuhause. Lea ist ebenfalls 12 Jahre alt und mit ihrer Mutter und Klassenlehrperson hier. Denise erkundigt sich, wie Lea mit dem Gerät zurechtkommt. Es stellt sich heraus, dass sie ein richtiger Profi ist und das Gerät so schnell bedienen kann, dass Mutter und Lehrperson kaum folgen können. In aller Ruhe erklärt die Beraterin nochmals die verschiedenen Wort-Strategien und zeigt Tipps und Tricks auf. Es werden diverse Fragen geklärt und es findet ein reger Austausch statt.
Missgeschick auf dem Pausenplatz
«Heute Morgen in der Pause ist uns ein Missgeschick passiert», erzählt die Klassenlehrperson ganz verlegen. Lea lacht verschmitzt. ‘Beim Fangis’ spielen hat sich die iPad-Halterung am Rollstuhl verschoben». Kein Problem für die Beraterin. Sie schaut sich die defekte Halterung an und bemerkt, dass sich eine Schraube gelöst hat. Denise wird die Schraube nach dem Termin anziehen. Die Halterung ist für ‘Fangis’ spielen nicht geeignet, sie kommt Lea in den Weg beim Anschieben der Räder. Denise hat bereits Ideen, wie das iPad anderweitig befestigt werden kann. Es einigen sich alle darauf, dass sie den Tragebändel ausprobieren, welcher Denise beim letzten Termin mitgebracht hat. Falls dies nicht funktionieren sollte, ist die Beraterin auch in den nächsten Monaten ab und zu mal wieder im Haus für einen anderen Nutzer und kann sich die Situation dann anschauen.
«Ich will tanzen»
Die ganzen Fachgespräche der Erwachsenen langweilen Lea – das scheut sie auch nicht zu sagen. Sie lenkt sich in der Zwischenzeit mit ihrem iPad ab. Plötzlich erklingt Musik und weckt Leas Aufmerksamkeit. «Ich will tanzen», sagt sie ganz aufgeregt. Und dann kommen wir in den Genuss einer grossartigen Tanzeinlage. Lea wird von ihrer Mutter gestützt. Während des Tanzens gelingt es ihr sogar für kurze Momente selbst zu stehen – sie ist voll und ganz in ihrem Element. Es klatschen alle begeistert und Lea ist kaum zu bremsen. «Den Tanz hat sie Zuhause vor dem Fernseher immer auf den Knien geübt», erzählt die Mutter lachend.
Nachdem nun alle wieder voll bei der Sache sind, ergänzt Denise den bereits geschriebenen Abschlussbericht und lässt ihn von der Mutter direkt unterschreiben.
Es ist bereits nach 17.00 Uhr, als alle zusammen das Schulhaus verlassen. Auf dem Parkplatz angekommen, holt die Beraterin Werkzeug aus dem Auto und repariert wie besprochen Lea’s iPad-Halterung.
«Im Berateralltag wird es nie langweilig – es ist toll zu sehen, wie viel Partizipation Kunden durch elektronische Hilfsmittel erhalten.»
Während der Heimfahrt erledigt Denise noch einige Telefonanrufe und erzählt, dass der Arbeitstag für sie noch nicht ganz zu Ende ist. «Zuhause muss ich noch meine Arbeitszeit von heute buchen und meine E-Mails bearbeiten. Die Berichte finalisiere ich dann morgen, da habe ich einen halben Tag Büro eingeplant. Mal schauen wie weit ich in dieser Zeit komme», lacht sie. «Im Berateralltag wird es nie langweilig – es ist toll zu sehen, wie viel Partizipation Kunden durch elektronische Hilfsmittel erhalten.»