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Der Talker ist Rafaels Schlüssel zur Sprachwelt

Der 12-jährige Rafael kam mit dem Lowe-Syndrom zur Welt, einer sehr seltenen Generkrankung. Jetzt lernt er, Bilderbücher zu lesen - und bereitet mit seinem wachen Interesse nicht nur den Eltern viel Freude.

 

Rafael ist ein aufgeweckter Bub. Er ist immer in guter Stimmung, fröhlich, an vielen Dingen interessiert und humorvoll. Für einen Spass ist der Zwölfjährige jederzeit gerne zu haben. 

Seine gute Laune lässt er sich nicht so schnell verderben, all den Beeinträchtigungen trotzt er mit beeindruckender Lebensfreude. Rafael lebt mit dem angeborenen Lowe-Syndrom, einer sehr selten auftretenden, systemischen Generkrankung, die Auswirkungen auf mehrere Organsysteme hat. Er leidet an einer starken Sehbehinderung, chronischer Nierenschwäche, Muskelhypotonie (niedrige Muskelspannung), geistige Retardierung, schlechtem Knochenaufbau als Folge einer Stoffwechselstörung und Kleinwüchsigkeit. 

 

«Der Talker hat Rafael die Welt der Sprache eröffnet, er ist quasi sein Schlüssel.»

Das hindert ihn aber keineswegs daran, seinen Alltag mit ganz vielen spannenden Tätigkeiten auszufüllen. Rafael liebt es, Zug oder Bus zu fahren, mit seinem Rehabuggy zu spazieren, auf dem Momo-Dreirad Runden zu drehen oder - bequem als «Co-Pilot» im Veloanhänger - Ausflüge zu unternehmen. 

Wenn er daheim ist, hört er gerne Musik oder Geschichten, vorzugsweise Episoden von Globi. Rafael liebt es auch, selber zu singen, alle Arten von Kinderliedern singt er mit - wortwörtlich. Oder er geniesst die Idylle in grüner Umgebung mit vielen Tieren wie Igeln oder Vögeln. Die Familie lebt in einem kleinen Haus mit Garten, und oft kommt es vor, dass Rafael das Fenster öffnet, um die Vögel pfeifen zu hören oder das Rauschen der Bäume zu geniessen. 

Was ihm in seinem Leben besonders wichtig ist? Zum einen: die Schule. Rafael besucht die Mittelstufe des Heilpädagogischen Zentrums Ausserschwyz (HZA) in Freienbach, dort lernt er viel Neues und wird in seinen Fähigkeiten unterstützt. Er singt, spielt und hat tolle Mitschüler und Lehrer. Zum andern: die Familie. Rafael lebt mit seinen Eltern in Reichenburg SZ, seine 25-jährige Schwester Caroline lebt bereits selbstständig. Mit den Eltern Zeit in der Natur verbringen, das ist zweifellos eine seiner Lieblingsbeschäftigungen. 

Hilfsmittel von Active Communication begleiten Rafael seit 2017. «Accent 1000 mit Quasselkiste 60» ist ein Kommunikationsgerät, das dem Buben sowohl in der Schule als auch daheim eine wertvolle Stütze ist. Das Gerät ermöglicht Rafael, Bilderbücher nicht nur anzuschauen, sondern zu lesen. Wie das geht? Die Bücher werden mit Bildabfolgen (Icons) beklebt, die er auch auf seiner Quasselkiste findet. Tippt er sie dort ein, spricht ihm der Talker die Wörter vor. So können ganze Bildabfolgen als Geschichte aneinandergereiht werden und ergeben so einfache und für Rafael verständliche Sätze. 

Rafael hat Schwierigkeiten mit einer verständlichen Aussprache. Aber er weiss sich zu helfen. Wenn er nicht verstanden wird, sucht er einzelne Wörter auf der Quasselkiste anhand von Bildern. «Der Talker hat Rafael die Welt der Sprache eröffnet, er ist quasi sein Schlüssel», sagt Esther Drigalla, «er versucht, Wörter, die der Talker sagt, nachzusprechen. So hat Rafael wahnsinnig viel aus sich herausgeholt.» 

Rafael Drigalla mit UK-Rad
Rafael Drigalla mit Talker

«Das Hilfsmittel hat seinen Wortschatz erweitert, seine Aussprache verbessert und ihm geholfen, am Sozialleben teilzunehmen.»

In den vergangenen zwei Jahren hat er sich ein solides Grundwissen angeeignet und kann den Talker selber bedienen. Dass er so schnell ein gutes Niveau erreicht hat, ist nicht zuletzt auf die Beratung und Schulung von Active Communication durch Susanna Berner zurückzuführen. Sie hat mitgeholfen, dass bei Rafael das Interesse geweckt worden ist. Er ist gewillt, noch mehr zu lernen, um weitere Fortschritte zu erzielen. In der Schule greift er öfter zum Talker, wenn er nicht verstanden wird. Das Hilfsmittel hat seinen Wortschatz erweitert, seine Aussprache verbessert und ihm geholfen, am Sozialleben teilzunehmen. 

«Die Erwartungen wurden nicht nur erfüllt», sagt Esther Drigalla, «sie wurden übertroffen.» Der Talker hat auch das Selbstvertrauen von Rafael im Umgang mit der Sprache gesteigert. Bilderbücher zu lesen, das ist eines der Hobbys geworden. Und regelmässig werden am Sonntagabend Erzählsätze programmiert, die anderntags in der Schule im Morgenkreis abgerufen werden können. Das macht nicht nur Spass, sondern trägt auch zur Integration bei. Rafael lernt mit seiner Mutter ganze Sätze zu schreiben und kann dann beim Erzählen aktiv dabei sein. 

Der Talker wird nur in der Schule und daheim verwendet, in der Öffentlichkeit nicht. Lustig wird es in Momenten, in denen die Eltern ihren Sohn nicht verstehen, er ihnen das Wort aber auf dem Talker zeigen kann. «Das führt immer wieder zu Aha-Erlebnissen», sagt Esther Drigalla, «und bereitet uns einfach Freude.» 

Rafael, sagt sie, lebe ein lässiges Leben und er sei ein Bub, der ihnen viel gebe: «Wir nehmen alles, wie es kommt. Und ich finde: Wir als Familie sind auf einem richtig guten Weg.»

 

Text: Peter Birrer
Bilder: Jonas Pfister

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