Adrenalin auf vier Rädern
Dimitri Gross erzählt wie er trotz offenem Rücken und Rollstuhl die Leidenschaft für sein actionreiches Hobby, das Rollstuhl-Skating, entdeckt hat.
Text: Gabi Bottoni
Bilder: Tobias Lackner, Simon Toplak; zVg: Dimitri Gross
Dimitri skatet im Sitzen
Dimitri kam mit Spina bifida, einem offenen Rücken, zur Welt. Der 15-Jährige lebt mit seinen Eltern und zwei Schwestern in einem Bauernhaus in Corbières FR. In seiner Freizeit geht er gerne kreativen Hobbys wie Malen, Zeichnen und dem Anfertigen von abstrakten Skulpturen nach. Seine zweite Leidenschaft ist nicht nur kreativ, sondern auch um einiges actionreicher. Dimitri ist begeisterter WCMX-Fahrer (Wheelchair Moto Cross) oder einfacher ausgedrückt: er skatet im Rollstuhl. Aus Rampen, Treppen und Kanten entstehen Herausforderungen mit atemraubendem Potenzial. Es geht darum, seine eigenen Grenzen zu entdecken und zu definieren, sich persönlichen Herausforderungen zu stellen und individuelle Fortschritte zu feiern.
Wie alles begann
«Ich habe schon einige Sportarten ausprobiert. Basketball, Bogenschiessen, Leichtathletik. Aber das war mir alles zu langweilig, ich brauche das Adrenalin», meint Dimitri spitzbübisch. «Mein Cousin ist BMX-Fahrer und eines Tages hat er mich auf die Skatebahn mitgenommen. Vor Ort trainierte gerade die Walliserin Lorraine Truong, die im WCMX in der Schweiz als Vorreiterin gilt. Ihre Kunststücke haben mir sehr imponiert, ich fand das eine Wahnsinns-Sache», meint er lachend. «Kurzerhand schob mich mein Cousin die Rampe hoch, ich sauste runter und seitdem hat mich das WCMX-Fieber gepackt», erzählt er mit leuchtenden Augen.
Ein Sport auf Augenhöhe
Seit 2 ½ Jahren trainiert Dimitri nun in Bulle und im Wallis und übt Trick um Trick. Ein bis zwei Mal im Monat ist sein Trainer Marco Bruni anwesend, oft ist auch die Schweizer Pionierin Lorraine bei seinen Trainingseinheiten dabei. «Viele meiner Fussgänger-Schulkollegen sind auch im Skatepark unterwegs, den schulfreien Freitagnachmittag verbringen wir meist zusammen und üben unsere Kunststücke. Es ist eine Sportart auf Augenhöhe, bei der ich genau die gleichen Sachen machen kann wie sie», freut sich Dimitri.
Inklusion durch Sport und Spass
«Für den Einstieg reichte mein Alltagsrollstuhl. Aber um sportlich weiterzukommen, brauchte ich einen Skate-Rollstuhl mit spezieller Federung. Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung hat mich beim Kauf finanziell unterstützt, dafür bin ich wirklich sehr dankbar», erzählt uns Dimitri. «Natürlich falle ich mit meinem Rollstuhl auf. Viele meiner Kollegen fragen, ob sie auch mal eine Runde drehen dürfen. Und merken schnell, wie schwierig das eigentlich ist. Beim WCMX-Fahren braucht es eine gute Körperbeherrschung und Koordination.»
Was bedeutet es ihm, Sport zu treiben? «Ich kann mit meinen Schulkollegen gleichziehen, es herrscht eine ausgelassene Stimmung und ein freundschaftlicher Zusammenhalt. Wenn mir wieder ein neuer Sprung gelingt, spornt mich das an, immer besser zu werden». Es gehe auch darum, dass Kinder und Jugendliche mit körperlichen Einschränkungen sich nicht einfach zu Hause einschliessen. «Sport ist eine gute Gelegenheit, Bekanntschaften zu schliessen, soziale Kontakte zu knüpfen, selbständiger zu werden und einfach Spass zu haben.»
Die Weltmeisterschaften im Visier
Dimitri gehört mittlerweile zum Schweizer WCMX-Nachwuchsteam. Nach einem enttäuschenden Start bei den Weltmeisterschaften 2020 holt er sich beim diesjährigen «Limitless Skatevent» in Deutschland die Goldmedaille.
Im Winter stehen die Weltmeisterschaften in Kalifornien an. «Wir haben uns zu dritt für die WM qualifiziert, ich hoffe, dass ich auch teilnehmen kann. Aber die Schule geht vor. Sportlich arbeite ich weiter an meiner Technik und bin dabei, den Rückwärtssalto – in unserer Sprache den Backflip – zu trainieren.» Ob er ein Idol habe, fragen wir zum Abschluss. «Idol im eigentlichen Sinne nicht, aber Aaron ‹Wheelz› Fotheringham, ein amerikanischer Rollstuhlsportler, macht schon extreme Sachen, er fährt einfach herrlich.»
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