«Ich weiss mir zu helfen, trotz Rollstuhl»
Der leidenschaftliche Töffahrer erfüllt sich 2004 einen Traum: Mit Kollegen erkundet er das Elsass auf zwei Rädern. Plötzlich rammt ein Hirsch seitlich sein Motorrad. Willi Rüfenacht stürzt und wird zum Paraplegiker.
Der zweifache Familienvater und beruflich erfolgreiche Willi Rüfenacht aus Solothurn hegte einen Traum: «Als leidenschaftlicher Töfffahrer habe ich schon immer davon geträumt, das Elsass auf zwei Rädern zu erkunden.» 2004 war es dann soweit, Willi gönnte sich mit zwei Freunden Ferien im Elsass. Jedoch ahnte der damals 57-Jährige nicht, was ihm widerfahren würde.
Text: Tamara Reinhard
Ein Ausflug ändert alles
An jenem folgenreichen Tag fährt Willi mit seinem Motorrad durch die Elsässer Landschaft. Wie aus dem Nichts springt plötzlich ein Hirsch auf die Strasse und rammt ihn mit voller Wucht von der Seite. Der Aufprall ist so heftig, dass Willi einige Meter durch die Luft geschleudert wird und dann in einem Strassengraben landet. Sein Motorrad rutscht in vollem Tempo weiter und kommt erst zum Anhalten, als es auf Willi im Graben trifft und ihn schwer am Rücken verletzt. Er schwebt in höchster Lebensgefahr. Sofort wird Willi in ein Krankenhaus in Strassburg gebracht. Noch am selben Tag wird operiert.
Die Diagnose ist ein Schock für alle: Willi spürt seine Beine nicht mehr, er ist ab dem vierten Brustwirbel querschnittgelähmt. Nach fünf Tagen ist er transportfähig und wird auf die Intensivstation des Rehab Basel überwiesen.
Erst als die vielen Rippenbrüche verheilt sind, kann der einst bewegungsfreudige Willi den langwierigen Prozess der Rehabilitation in Angriff nehmen. Während siebeneinhalb Monaten muss er Alltägliches von Grund auf neu lernen: von der Fortbewegung – sprich Rollstuhlhandling – über den Toilettengang bis hin zum Autofahren. «Wenn man, wie ich, erst mit 57 Rollstuhlfahrer wird, dauert so eine Rehabilitation einfach länger, weil der Körper schon etwas ‚verbrauchter‘ ist», erklärt der mittlerweile 71-jährige Solothurner.
Dankbar für die Unterstützung
Als Mitglied der Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung erhielt Willi Gönnerunterstützung. Auch dank dieses Beitrags wurde sein Haus so umgebaut, dass er nach der Rehabilitation nach Hause zurückkehren konnte. Hat Willi den Ausflug jemals bereut? «Nein, ich habe viel erlebt in meinem Leben. Das gab mir die nötige Kraft, mit den Einschränkungen nach dem Unfall umgehen zu können.»
Jedoch war es vor allem die Unterstützung seiner Familie, Kollegen und des Arbeitsgebers, die Willi motivierte. So fand er die Energie weiterzumachen und sich den Herausforderungen zu stellen. Mit einem Strahlen auf dem Gesicht fügt er hinzu: «Speziellen Dank gilt meiner Frau Yvonne, ohne sie würde rein gar nichts mehr gehen.» Dieser Dank gilt besonders heute, da Willi nun vermehrt auf Hilfe angewiesen ist. Yvonne hilft ihm, die Probleme als „Querschnittgelähmter im Alter“ zu meistern.
Beratung zuhause für Querschnittgelähmte
Der schlagfertige Willi meint, dass zwar der Bewegungsapparat nicht mehr so gut funktioniere, es aber für sein Mundwerk allemal reiche. So scheute er auch keinen Aufwand, als er im August 2018 auf der Suche nach einer neuen Matratze war, um weiterhin Druckgeschwüren vorzubeugen. Einerseits liess er sich in einem Möbelgeschäft eine Matratze empfehlen, die zwar im oberen Preissegment anzusiedeln war, aber eine gute Bewertung hatte.
Anderseits wollte er diese Empfehlung überprüfen und meldete sich darum bei ParaHelp. «Schon im Rehab Basel erfuhr ich von ParaHelp, den Helfern, die uns Querschnittgelähmte zuhause beraten.» Zu seinem Erstaunen riet ihm das Team von ParaHelp von der empfohlenen Matratze ab: «Sie ist zu weich, vor allem am Rand. Querschnittgelähmte können darin nicht gut aufsitzen, sich anziehen oder in den Rollstuhl transferieren», erklärt Frau Judith Schulthess, Willis Ansprechpartnerin bei ParaHelp.
Darum eruierte Judith Schulthess zusammen mit dem Pflegepersonal des Schweizer Paraplegiker-Zentrums die beste Matratze für Willi. ParaHelp brachte die empfohlene Matratze dann bei Willi vorbei und er testete sie eine Woche lang. Das Fazit von Willi: «Ein Volltreffer und sogar noch günstiger als die vom Möbelhaus.» Wenn nötig, bringt ParaHelp bis zu drei Matratzen zum Testen vorbei. Pro Jahr betreut ParaHelp schweizweit über 1000 Klienten.
Vertrauensaufbau ist wichtig
«Ich war erstaunt, dass ich so unkompliziert eine Matratze gefunden hatte», erklärt Willi. Seine Frau war bei der Beratung mit dabei, nach dem Prinzip „vier Ohren hören mehr als zwei“. Halb scherzend meinte Willi nach der Matratzen-Beratung, er müsse nun nur noch seinen Darm in den Griff bekommen. Den Wink verstanden, meinte Judith Schulthess, er solle doch die bisherige Medikamentenwahl hinterfragen. «Man könnte versuchen, mit Medikamenten zu arbeiten, welche auch wirklich für Querschnittgelähmte langzeitig ausgerichtet sind.»
Der kritische Willi antwortete, er müsse sich dies zuerst überlegen. Judith Schulthess versteht Willis anfängliche Zurückhaltung: «Zuhause persönlich Querschnittgelähmte zu beraten bedeutet, dass wir Eintritt erhalten in die Privatsphäre von Menschen. Das erfordert Vertrauen und Zeit.» Einige Tage später meldete sich Willi bei ParaHelp und liess sich auf den Vorschlag ein. Gemeinsam erarbeiten die beiden die beste Lösung und Willi ist heute zufrieden mit der Medikamentenwahl.
Ein Telefon genügt
«Schlussendlich half mir ParaHelp dabei, wichtige Entscheidungen zu treffen, damit meine bisherige Lebensqualität erhalten bleibt», fasst Willi zusammen. Nebst der richtigen Matratzenwahl bekam er sein Darmmanagement in den Griff. «Ich fühle mich bei der Alltagsbewältigung wieder sicherer», freut sich Willi. «Auch meine Frau schätzt es, wie man mit mir umgeht.» Und sollte mal er oder seine Frau nicht mehr weiterwissen, rufen sie direkt bei Judith Schulthess von ParaHelp an.
Die kurze Version dieses Artikels erschien in der Ausgabe 01/2019 des Gönner-Magazins «Paraplegie».
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