Pflege aus Liebe
Mireille Schafer betreut ihren Partner Pierre-Alain Tercier zu Hause. Ohne sie müsste er wohl ins Pflegeheim.
Text: Peter Birrer
Fotos: Sabrina Kohler
Ob sie manchmal daran denke, wie ihr Alltag in einigen Jahren aussehen könnte? «Keine Sekunde», antwortet Mireille Schafer. «Das bringt nichts. Wir haben in der Gegenwart genug zu tun.» Die 52-Jährige legt ihrem Partner die Arme auf die Schultern: «Pierre-Alain und ich packen das gemeinsam.» Das Paar aus dem Freiburger Dörfchen Le Bry macht einen entschlossenen Eindruck.
Als sich Mireille Schafer und Pierre-Alain Tercier 2009 kennenlernen, ist ihr Leben noch anders. Sie arbeitet als Verkäuferin, er als Lagerist. Zwei Jahre später erhält Pierre-Alain Tercier die erschütternde Diagnose: Er leide an einer degenerativen Bandscheibenerkrankung, die ihn zum inkompletten Tetraplegiker macht. Seit 2019 kommt er nicht mehr ohne Rollstuhl aus.
Sie ist ständig für ihren Partner da
Dem 51-Jährigen steht eine Frau zur Seite, die schon unfassbar viel durchgemacht hat. 2008 stirbt ihr Ehemann an Krebs. 16 Monate später kommt ihr Sohn bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Und 2016 hat sie ein Burn-out. Aber sie fängt sich und ist seither ständig für ihren Partner da. «Sie ersetzt meine Beine, Arme und manchmal den Kopf», sagt er. «Mireille ist mein grösstes Glück. Ohne sie wäre ich wohl im Pflegeheim.»
Als es ihm während eines Aufenthalts in Nottwil psychisch schlecht geht, schlägt er seiner Partnerin vor: «Mireille, wenn wir uns trennen wollen, dann jetzt.» Er merkt, dass er in seinem Zustand eine Belastung für sie ist. Ihre Antwort: «Niemals!» Immer wieder findet sie die nötige Energie, auch wenn sie gesteht: «Ich weiss nicht, woher ich die Kraft nehme.» Sie fügt an: «Es muss die Liebe sein.»
In Kursen eignet sie sich das Wissen zur Pflege an. Sie lernt, wie sie ihrem Partner bei der Morgentoilette und beim Duschen helfen kann. Sie unterstützt beim Essen, begleitet ihn zu Terminen, erledigt Einkäufe, ist sein Rückhalt. Dreimal wöchentlich erhält sie morgens Unterstützung von der Spitex. Jeden Abend bringt sie ihn zu Bett. «So kann er länger am gesellschaftlichen Leben teilhaben», sagt sie.
Verzicht auf Annehmlichkeiten
In die Ferien verreisen die beiden nie. Sie sagt: «Die Aufgaben müsste ich auch unterwegs erledigen. Das wären keine richtigen Ferien.» Eine kurze Auszeit gönnt sie sich nur einmal im Jahr, wenn sie zwei Tage mit ihren besten Freundinnen verbringt. Zeit für sich hat sie, wenn Pierre-Alain sportlich aktiv ist: Er ist passionierter Curlingspieler. Eine ständige Belastung ist die finanzielle Situation, die das Paar zwingt, sich stark einzuschränken. Mireille Schafer ist seit 2022 Mitarbeitende von AsFam, einer Organisation, die pflegende Angehörige unterstützt. Aber sie darf maximal 125 Minuten pro Tag abrechnen – und nur, wenn sie auch die morgendliche Pflege übernimmt. Der Stundensatz: 27 Franken.
Auswärts eine Arbeit anzunehmen, ist für sie keine Option. Die einzige Option sei es, gemeinsam zu kämpfen, sagt Mireille Schafer. Und auf viele Annehmlichkeiten zu verzichten, um die Existenz zu sichern.
Eine Querschnittlähmung führt zu hohen Folgekosten, z.B. für den Umbau der Wohnung oder des Autos. Werden Sie deshalb Mitglied der Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung, um im Ernstfall 250 000 Franken zu erhalten.
Werden Sie jetzt Mitglied
Ihre Mitgliedschaft – Ihre Vorteile – unser Tun
Anmeldung Newsletter
Ich möchte exklusive Einblicke hinter die Kulissen der Schweizer Paraplegiker-Stiftung erhalten.
Werden Sie jetzt Mitglied und erhalten Sie im Ernstfall 250 000 Franken.