Der Wirbelsäulenspezialist
Michael Fiechter hat eine gefüllte Agenda. Rapport auf der Station, Patientenvisite, Gespräche mit dem Team. Der Oberarzt am Schweizer Paraplegiker-Zentrum legt Wert auf saubere Analysen und darauf, dass kein Fall nach Schema behandelt wird.
Text: Peter Birrer
Bilder: Beatrice Felder
Ständiger Lernprozess
Bereits im Medizinstudium peilte er eine "manuelle Tätigkeit" an, wie er es nennt. Ihn interessierte Chirurgie und besonders das Nervensystem. Nach der Facharztausbildung in Neurochirurgie spezialisierte er sich auf die Wirbelsäulen- und Rückenmarkchirurgie, die besondere Herausforderungen an die Geschicklichkeit und das Konzentrationsvermögen stellt. Anfang 2018 kommt der ambitionierte Arzt nach Nottwil. Er bringt reichlich Erfahrung mit, aber sagt auch: «Ich lerne ständig dazu, gerade von meinen Vorgesetzten. » Wichtig ist ihm Ehrlichkeit. Die Offenheit gegenüber Patienten, sagen, was Sache ist. «Wir können keine Wunder vollbringen, aber wir garantieren jedem Patienten, dass wir all unser Wissen aufbieten, um ihm zu helfen. Vor jeder OP beschäftigt er sich mit den Risiken und möglichen Komplikationen. Für einen Chirurgen sei das elementar, sagt er: Man vermeidet, dass sich Routine einschleicht, und erhöht seine Flexibilität in aussergewöhnlichen Situationen.
Schonende Eingriffe
Der rege Austausch in einem interdisziplinären Team, die kurzen Wege, das breite Angebot – das mache die Arbeit am SPZ so speziell. Gewöhnlich führen am SPZ zwei Fachärzte eine OP gemeinsam durch, da kommt viel Erfahrung zusammen. «Wir sind fachlich sehr gut aufgestellt», sagt Dr. Fiechter, der ebenso die Weiterbildungen und die enge Zusammenarbeit mit den anderen Spitälern in der Zentralschweiz schätzt, die zur Philosophie in Nottwil gehören. Seine besondere Leidenschaft gilt der Mikrochirurgie, der Operation kleinster Strukturen unter dem Mikroskop. Steht er nicht im Operationssaal, pflegt Dr. Fiechter den Kontakt zu den Patienten. Dieser soziale Austausch ist ihm wichtig. Er hat gelernt, mit Schicksalen sachlich umzugehen und dennoch Gefühle zuzulassen: «Wenn die emotionale Verbindung zum Patienten nicht mehr da ist, sollte man sich überlegen, ob dieser Job noch der richtige ist.»
Rückenzentrum für jedermann
Manche Fälle wühlen ihn auf. Dann kreisen die Gedanken weiter. Auch auf dem Heimweg. Lässt ihn ein Fall gar nicht mehr los, spricht er mit seiner Frau darüber, die ebenfalls Ärztin ist. Der Vater von zwei kleinen Töchtern joggt regelmässig und macht Krafttraining. Neben der Fachkompetenz sei eine gute physische Verfassung wichtig, um die oft vielstündigen Operationen gut bewältigen zu können. Michael Fiechter und sein Team haben oft mit hochkomplexen Fällen zu tun. Doch dem Chirurgen sind Routineeingriffe – etwa an der Bandscheibe – ebenso wichtig. Er betont, das SPZ stehe nicht nur Menschen mit Querschnittlähmung offen, sondern auch Fussgängern: «Die Kompetenz unseres Zentrums für Wirbelsäulen- und Rückenmarkchirurgie richtet sich an die ganze Bevölkerung – an alle, die eine fachärztliche Abklärung wünschen.»