Hände die auf eine Laptoptastatur tippen

Digitaler Nachlass

Ein Leben ohne digitale Daten und Online-Konten ist heute kaum mehr vorstellbar. Doch was geschieht mit den Informationen, wenn ein Mensch stirbt? Mit wenigen Vorkehrungen ersparen Sie den Hinterbliebenen viel Aufwand.

Wer seinen Nachlass regelt, denkt dabei nur selten an die Unmenge an persönlichen Daten, die in digitalen Speichern im Internet abgelegt sind. Was soll mit den Online-Konten geschehen? Könnte jeder – ob befugt oder unbefugt – Einsicht in schützenswerte Informationen bekommen? Kennen die Angehörigen Benutzernamen und Passwörter? Haben sie das Recht, Daten und Konten zu löschen?

Neue Regelungen für Hinterbliebene

Es ist der Wunsch vieler Menschen, dass ihre digitale Präsenz nach dem Tod nicht unverändert weiterbesteht. Allerdings werden die Handlungsmöglichkeiten der Hinterbliebenen durch unterschiedliche Regelungen eingeschränkt.

Bei Apple, Facebook und Google kann man jetzt offiziell festlegen, wer im Todesfall Zugriff auf die Konten erhält. «Nachlasskontakt» heisst die sinnvolle Neuerung zum Beispiel in der Apple-ID. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass wir nur selten festlegen, was mit den zu Lebzeiten angehäuften Daten nach unserem Tod passiert. Das Thema wurde auch erst in der jüngsten Vergangenheit zu einem Problem. Wegen der «Cloud», der Online-Datenspeicherung.

Die Cloud macht alles komplizierter

Solange unsere Daten lokal abgelegt sind, funktioniert das Vererben wie mit allen anderen Gütern: Man hinterlässt seine Festplatten und USB-Sticks, und die Erben können dann darüber verfügen. Doch in der Cloud ist alles anders. Es braucht für den Zugang ein «Login» und die entsprechenden Passwörter.

Mit der heute üblichen Zwei-Faktor-Authentifizierung wird die Sache noch kniffliger: Selbst wenn man seine Passwörter ins Testament geschrieben hat, nützt das nichts, wenn die Nachkommen nicht ins Handy kommen. Daher sind Nachlasskontakte sinnvoll, wie sie neben Apple auch Google («Kontoinaktivität-Manager») und Facebook («Gedenkzustand») anbieten. Bei Microsoft gibt es noch keine vergleichbaren Möglichkeiten. Die Nachkommen müssen dort zuerst eine gültige Vorladung oder einen Gerichtsbeschluss einreichen, um das digitale Erbe antreten zu können. Andere Dienste wiederum schalten das Profil nach einer gewissen Zeit auf inaktiv.

Weitere Schwierigkeiten machen die unzähligen Nutzerkonten, die wir bei Unternehmen führen, die keinen solchen Zugang bieten. Aber vielleicht sind genau da die interessanten Informationen gespeichert – zum Beispiel für die private Website, die nach dem Tod entweder vom Netz genommen oder in einen würdigen Gedenkzustand versetzt werden soll.

Wählen Sie eine eigene Lösung

Eine eigene, auch behelfsmässige Lösung ist oft der bessere Ausweg. Fachleute empfehlen, alle wichtigen Zugangsdaten mit einem Passwortmanager zu erfassen und die Master-Passphrase zu vererben. Man kann die Zugangsdaten auch auf einem USB-Stick ins Bankschliessfach legen.

Ein anderer Aspekt ergibt sich aus der schieren Menge an Daten, die wir zu Lebzeiten anhäufen. Sie macht es den Nachkommen schwierig bis unmöglich, an die wirklich relevanten Informationen heranzukommen. Wie sollen sie in Hunderttausenden von E-Mails, Fotos, Videos, Links und Office-Dokumenten das Wichtige finden?

Wichtiges von Unwichtigem trennen

Daher ist es sinnvoll, eine gewisse Struktur in seine Daten zu bringen, um die Orientierung zu erleichtern. Alles Wichtige sollte man ohnehin auf einem eigenen Datenspeicher bereithalten und nicht – oder nicht nur – in die Cloud auslagern.

Wenn Sie alle wertvollen Erinnerungsstücke, Dokumente, Fotos, Videos und digitale Memorabilien sorgfältig auf einer Festplatte sichern, die zu Hause in einer verschlossenen Schublade liegt, dann eignet sie sich auch ideal als Erbstück. Vielleicht ergibt sich mit der Zeit sogar eine Tradition, dass solche Speichermedien von Generation zu Generation weitergegeben werden. Wäre es für unsere Enkel nicht spannend, Videos von ihren Grosseltern und Urgrosseltern sehen zu können?

Der rechtliche Rahmen

Der digitale Nachlass einer Person umfasst neben den Eigentumsrechten an Hard- und Software auch ihre Rechtspositionen als Nutzerin von Online-Diensten. Dazu zählen Verträge zu den Anbietern, aber auch Nutzungs- und Urheberrechte sowie virtuelle Konten. Digitale Daten sind keine Vermögenswerte im Sinne des Erbrechts, man besitzt nur Persönlichkeitsrechte daran.

Im Schweizer Erbrecht gehören Daten auf lokalen Speichermedien zur Erbmasse. Für Daten in der «Cloud» haben die Angehörigen nur begrenzte Handlungsmöglichkeiten im Rahmen des Andenkenschutzes. Juristisch endet der Datenschutz mit dem Tod. Damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung über den Tod hinaus wirksam bleibt, muss im Testament stehen, was mit den hinterlassenen Daten geschehen soll.

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