Mit dem Funktionslabor entsteht im SPZ ein vielversprechendes Angebot für die Rehabilitation von Menschen mit einer hohen Querschnittlähmung. Um es allen betroffenen Patientinnen und Patienten zugänglich zu machen, sind Spendengelder erforderlich.
Ein Griff zum Handy, sich die Haare kämmen oder die Zähne putzen – für die meisten Menschen sind alltägliche Handlungen wie diese eine Selbstverständlichkeit. Über das Zusammenspiel der Muskeln in Armen, Händen und Fingern, die die dafür notwenigen Bewegungen möglich machen, denken wir im Normalfall nicht weiter nach.
Anders ist das bei Menschen mit einer hohen Querschnittlähmung. Bei einer inkompletten Tetraplegie, bei der das Rückenmark nicht vollständig durchtrennt ist, kann das Gehirn die Muskeln der oberen Extremitäten nur noch teilweise ansteuern. Damit sind viele Bewegungsabläufe nicht mehr möglich, die für Alltagsaufgaben benötigt werden. Die Betroffenen verlieren ihre Selbstständigkeit. Ein Glas oder einen Löffel zum Mund führen, sich katheterisieren, der Transfer vom Bett in den Rollstuhl – ohne Unterstützung sind solche Aufgaben für sie oft nicht zu bewältigen.
Hilflosigkeit überwinden
«Am Anfang fühlt man sich hilflos wie ein kleines Kind», erinnert sich Matthias Lötscher an die Zeit nach seinem folgenschweren Unfall beim Skispringen. Der 37-jährige Luzerner lebt seit rund neunzehn Jahren mit inkompletter Tetraplegie. Während seiner Rehabilitation am Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) hat er gelernt, das Beste aus seiner Situation zu machen. «Obwohl für Menschen wie mich jede kleine Bewegung eine Herausforderung ist, habe ich vieles erreicht, worauf ich sehr stolz bin», sagt er. Dazu zählt ein abgeschlossenes Jurastudium, der Job in einer Zürcher Anwaltskanzlei, aber auch die eigene Wohnung, in der er seit einigen Jahren selbstbestimmt lebt.
Doch Matthias ist ein Macher und kämpft sich ins Leben zurück. Familie und Freunde, aber auch Mitarbeitende des SPZ in Nottwil standen während seiner Rehabilitation stets an seiner Seite. «Das hat mir Mut gemacht und mir die Kraft gegeben, weiterzumachen.»
Dass Menschen mit einer hohen Querschnittlähmung ihren Alltag möglichst selbstständig bewältigen, ist das Ziel der ganzheitlichen Rehabilitation am SPZ. So werden in Nottwil immer wieder neue Verfahren geprüft und entwickelt, die die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten verbessern.
Neue Methode gibt Perspektive
Besonders erfolgsversprechend ist derzeit eine Methode zur Messung von Bewegungen in Armen, Händen und Fingern, für die ein sogenanntes Funktionslabor eingerichtet wurde. Mit dieser Methode wird dargestellt, wie einzelne Muskeln arbeiten und wie sich bestimmte Funktionen zusammensetzen, etwa das Greifen oder Anheben von Gegenständen.
«Durch die Messung können wir präzise feststellen, welche Muskeln eine Person noch bewegen kann», erklärt Ines Bersch-Porada. Die noch vorhandenen Funktionen geben den Fachpersonen Aufschluss darüber, welche Fortschritte durch ein gezieltes Training zu erwarten sind. Zum Beispiel durch eine «transkutane Rückenmarkstimulation», wobei die Nerven des Rückenmarks durch die Haut hindurch elektrisch stimuliert werden, um Funktionen zu verbessern.
Die im Funktionslabor erhobenen Daten ergeben ein umfassendes Bild der verbliebenen Strukturen und Funktionen, um für jede Patientin und jeden Patienten einen individuellen Behandlungsplan zu erstellen. Damit können sie die verbliebene Muskulatur in Armen, Händen und Fingern so trainieren, dass weitere Funktionsverbesserungen erreicht werden. «Der Mehrwert für den Alltag von Menschen mit einer Tetraplegie ist enorm», so Ines Bersch-Porada. «Jedes Stückchen Selbstständigkeit, das zurückgewonnen wird, trägt wesentlich zur Verbesserung ihrer Lebensqualität bei.»
Alle sollen profitieren
Das Ziel der Verantwortlichen in Nottwil ist es, das Funktionslabor allen Patientinnen und Patienten zugänglich zu machen, die potenziell davon profitieren können. Dazu bedarf es allerdings noch etlicher Investitionen, für die ein Spendenaufruf gemacht wurde. Vielversprechend ist das Funktionslabor insbesondere für Patientinnen und Patienten, die am Anfang ihrer Rehabilitation stehen. «Gerade bei frischen Verletzungen ist das Nervensystem sehr offen für neue Impulse», weiss Ines Bersch-Porada aus mehr als dreissig Jahren Erfahrung.
Aber auch für Menschen wie Matthias Lötscher, die die verbliebenen Funktionen ihrer oberen Extremitäten erhalten und optimieren wollen, bietet das Funktionslabor einen Mehrwert. «Ich muss meinen Körper regelmässig trainieren, denn jede noch so kleine Bewegung hat einen grossen Einfluss auf meinen Alltag», sagt er. Nur schon die Tatsache, dass er als Tetraplegiker einen Computer bedienen kann, habe ihm Welten eröffnet – und nicht zuletzt die Möglichkeit, als Jurist zu arbeiten. «Während der Reha versuchte ich, das Optimum aus meinem Körper herauszuholen», sagt er. «Das will ich auf keinen Fall verlieren.»
Ihre Spende wirkt
Dank Ihrer Spende profitieren Menschen mit Querschnittlähmung während der Rehabilitation im SPZ von neuen Angeboten wie dem Funktionslabor, die ihnen möglichst viel Selbstständigkeit zurückgeben. Danke für Ihre Unterstützung.
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