Heiri Dürst, Polizist aus Netstal GL, wird von einem Auto erfasst und schwer verletzt. Der 41-Jährige ringt mit dem Tod, kämpft sich aber zurück und sagt: «Ich habe ein gutes Leben.»
Es geschieht am frühen Morgen des 9. Dezember 2021. Heinrich Dürst, den alle Heiri rufen, erscheint zum Dienst als Kantonspolizist in Glarus und rückt mit einem Kollegen gleich aus. Ein Sattelschlepper steckt auf der Autobahn bei Niederurnen im Schnee fest und benötigt Hilfe. Dürst, ein erfahrener Polizist, leitet Massnahmen vor Ort ein, das heisst: Er steht neben dem Gefährt auf der Autobahn.
«Es ist ein Wunder.»
Eine Wagenlenkerin verliert just in dem Moment auf der Höhe von Dürst die Kontrolle über ihr Fahrzeug. Dürst wird erfasst, mehrere Meter durch die Luft geschleudert und schwer verletzt. Wie dramatisch alles war, bekommt er später von einem Arzt geschildert: Beim Aufprall sei der Polizist innerlich in zwei Teile gerissen worden.
Dürst ringt mit dem Tod. Doch er überlebt. Und sagt selber: «Es ist ein Wunder.»

Die Geschichte des 41-jährigen Heiri Dürst ist auch die einer Familie, die in dieser schweren Zeit erfährt, was Unterstützung bedeutet. Im Quartier kümmern sich Nachbarn rührend um die Dürsts mit den drei Kindern, signalisieren die Bereitschaft, jederzeit für sie da zu sein, und legen manchmal kleine Aufmerksamkeiten vor die Haustür. Oder wenn Heiri gegen Ende der Rehabilitation in Nottwil mal ein Wochenende in den eigenen vier Wänden verbringen darf, veranstalten sie spontan einen Apéro zur Feier der Rückkehr.
Heiri Dürst lässt sich eine grosse, zerbrochene Uhr auf den mächtigen Oberarm tätowieren. Die Zeit darauf: 7.45 Uhr – der Moment des verhängnisvollen Unfalls auf der A3. Darunter ist er im Rollstuhl zu sehen, begleitet von seiner Familie.
Bilder lösen keine Emotionen aus
Irgendwann sieht Heiri die Videobilder, die das Unglück dokumentieren. Er hat keine Mühe mit den Sequenzen, sie lösen in ihm keine Emotionen, keinen Groll, kein Unbehagen aus. Hingegen wühlen ihn die dramatischen Funksprüche auf, die seine Kollegen an jenem Unfallmorgen absetzen. Er weint, als er ihre Worte hört, weil er sich in ihre Lage versetzt und ahnt, wie schlimm sich das für sie angefühlt haben muss.
«Mir wurde in Nottwil – im übertragenen Sinn – wieder auf die Beine geholfen.»
Unendlich dankbar
«In Nottwil ist wahnsinnig viel in mich investiert worden, damit ich wieder ein gutes Leben führen kann», sagt er rückblickend über die lange Rehabilitationsphase im Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ), «ich bin unendlich dankbar dafür, was ich im SPZ erlebt und erhalten habe. Ich lernte unzählige Leute kennen, die sich mit einer beeindruckenden Leidenschaft für Menschen mit einer Querschnittlähmung einsetzen.» Und: «Mir wurde in Nottwil – im übertragenen Sinn – wieder auf die Beine geholfen.»
Heiri Dürst kämpft oft mit Schmerzen. Aber nie käme es ihm in den Sinn, deswegen zu hadern. Anderen gehe es viel schlechter als ihm, sagt er, «da habe ich nicht das Recht zu jammern».
Bei allem positiven Denken gibt es manchmal Momente, in denen nicht alles nur rosig ist. Er sagt offen: «Ich vermisse Dinge aus meinem alten Leben.» Als Beispiel nennt er offen die Sexualität: «Vieles verändert sich im Leben einer querschnittgelähmten Person und ist nicht mehr, wie es einmal war.» Ausserdem fehlt ihm sein ehemaliger Polizeihund Erock. «Nach dem Unfall musste ich ihn gezwungenermassen weggeben. Ich könnte ihn jederzeit besuchen, aber das schaffe ich nicht. Es würde mich durchschütteln.»

Gibt es auch Gefühle von Wut der fehlbaren Lenkerin gegenüber? «Nein», sagt er, «ich rief sie an, wir trafen uns zu einem Kaffee, und ich merkte, wie sehr sie leidet.» Für Heiri Dürst geht das Leben weiter. Und er versichert: Es ist trotz allem ein gutes.
Medienanfragen
Bei Interesse an einem Interview mit Heiri Dürst oder generell an einer Berichterstattung zum Thema Querschnittlähmung, melden Sie sich bei unserem Medienteam:
250 000 Franken im Ernstfall
6 Vorteile einer Mitgliedschaft
- Sie erhalten 250 000 Franken, wenn Sie nach einem Unfall querschnittgelähmt und dauerhaft auf den Rollstuhl angewiesen sind.
- Die Auszahlung erfolgt schnell und unbürokratisch.
- Die Auszahlung ist unabhängig von Versicherungsleistungen, Unfall- oder Behandlungsort.
- Eine Mitgliedschaft ist möglich für Personen mit Wohnsitz in der Schweiz wie auch im Ausland.
- 2 Millionen Mitglieder vertrauen auf die Schweizer Paraplegiker-Stiftung.
- Sie zeigen Ihre Solidarität gegenüber querschnittgelähmten Menschen – denn es kann jeden treffen.